Was hat Vorrang beim Bloggen? Die eigene, freie Meinung oder doch die Grundrechte des Einzelnen? Hier meine Meinung zwischen Meinungsfreiheit vs. „der gute Ton“.
Weil ich dieses Wochenende etwas „faul“ bin, möchte ich nur auf die gestellte Frage → Wie frei ist die Meinungsäußerung? von Webmasterfriday antworten. Gar nicht mal so einfach, aber am Ende zeichnen sich doch relativ leicht erkennbare Strukturen ab.
HINWEIS: Da dies keine Rechtsbelehrung ist und ich kein Rechtsanwalt bin, spiegelt der Inhalt natürlich nur meine persönliche Meinung zum Thema wider. Trotzdem danke fürs lesen. 😉
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was bedeutet Freie Meinungsäußerung?
- 2 Ist die freie Meinungsäußerung beim Bloggen überhaupt angebracht?
- 3 Fazit: Kein so leichtes Thema, das mit der freien Meinungsäußerung…
Was bedeutet Freie Meinungsäußerung?
Wenn ich in diesem Artikel von freier Meinungsäußerung spreche, dann orientiere ich mich natürlich an Immanuel Kant mit seinem Ausspruch: „Was du nicht willst was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“
Das heißt, ich verwende meine eigene Meinung und mache diese öffentlich. Allerdings nur in dem Rahmen, in denen ich anderen nicht schade.
Das deutsche Grundgesetz und die Meinungsfreiheit
Wenn man nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gehen möchte, können wir den Fall schnell abhaken. Da steht in §5 GG drin:
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.Quelle: gesetze-im-internet.de
Das heißt ganz grob: Ich darf niemanden in seiner Ehre verletzen. In der Ehre verletzen sind auch Beleidigungen und Diffamierungen jeglicher Art. Damit hat sich die Sache für mich eigentlich erledigt, denn das sagt schon alles aus.
Aber steigen wir noch etwas tiefer in die Materie ein.
FUN FACT: Etwas wie „Beamtenbeleidigung“ gibt es so nicht in Deutschland. Beamte (wie Polizisten oder Finanzbeamte) beziehen sich bei der sogenannten Beamtenbeleidigung ebenfalls auf die gleichen Rechte, die jeder Deutsche hat. Und zwar die in §5 GG festgeschriebenen Rechte. Mehr dazu hier: https://anwaltauskunft.de/magazin/gesellschaft/strafrecht-polizei/505/beamtenbeleidigung-gibt-es-das/
Naja, machen wir weiter. In diesem Artikel geht es ja um die freie Meinungsäußerung beim Bloggen. Thematisieren wir also:
- Ist die freie Meinungsäußerung beim Bloggen überhaupt angebracht?
- Fazit: Kein so leichtes Thema, das mit der freien Meinungsäußerung…
Ist die freie Meinungsäußerung beim Bloggen überhaupt angebracht?
Wann ist freie Meinungsäußerung angebracht?
Selbstverständlich immer, solange sie niemanden angreifen oder schaden. Persönliche Erfahrungen beleben einen jeden Blogpost, vor allem, wenn er authentisch wirkt. Von dem her sollte/darf/kann immer die eigene Meinung frei in Blogartikeln gesagt, gegeigt und publiziert werden… allerdings immer im Rahmen Kants. Solange man keine willkürlichen Beschuldigungen vornimmt, die nicht mit Nachweisen und harten Fakten belegt werden oder aber Beleidigungen gegenüber anderen Menschen ausspricht, kann die eigene Meinung auch einen Artikel zieren.
Jedoch sollte die eigene Meinung auch als solche dargestellt werden.
Bei konstruktiver Kritik
Man kann auch schon mal ein (in Anführungszeichen) „negatives“ Wort verwenden. Wenn es sich dabei um konstruktive Kritik handelt. Also einen Fehler aufweist mit einem Verbesserungsvorschlag. Das wird sogar gerne gesehen, da es der gegenüberliegenden Seite einen Tipp gibt, sich zu verbessern.
Bei Protest
Wenn man aber keine konstruktive Kritik findet, sondern das gesamte System oder Produkt ablehnt, dann kann dies auch kund getan werden. Mit Protest. Natürlich auch hier konstruktivem Protest. Nur weil man Apple mag, heißt das noch lange nicht, dass man gegen Samsung wettern darf. Die aus persönlichen oder aus Überzeugung ablehnende Haltung muss dann präsentiert werden. Aber das ist völlig legitim.
Bei als deutlich markierter, freier Meinungsäußerung
Wenn bei einem Artikel von vorneherein klar ist, dass es sich um die eigene Meinung handelt, dann kann auch dort schonungslos gebloggt werden.
Naja… solange man eben keine Grundrechte missachtet. Die da beispielsweise wären:
Wann ist freie Meinungsäußerung nicht angebracht?
Präsentation von Firmen, Produkten oder Dienstleistungen
Firmen oder Personen negativ darzustellen, ohne Begründung oder konstruktiver Kritik – sei es direkt angesprochen oder ein Produkt oder eine Leistung dieser Personen – sollte nicht getätigt werden. Geschweige denn öffentlich gemacht werden. Das hat auch meist einen Touch von „Schwäche“. Halte ich gar nichts von, ist nur Draufschlagen auf jemanden oder irgendwas. Und dann greift GG §5 Absatz 2.
In Bezug auf (natürlicher oder juristischer) Personen ohne Begründung
Eine unbegründete negative Darstellung von natürlichen oder juristischen Personen sowie alles, was sie machen oder was sie lieben, ist ein absolutes Tabu. Auch wenn ein harter Verdacht zu etwas schwerwiegendem im Raum steht; Solange eine Person nicht rechtskräftig verurteilt ist, sollte auch bei Bloggern der Ausspruch „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten.
Wenn man sich also seiner Sache nicht absolut sicher ist und wenn man nicht selbst vor einem Gericht klagen möchte, sollte man jede Anschuldigung geschweige denn negative Darstellung unterlassen.
Darüber hinaus ist die Privatsphäre ein hohes Gut unserer Gesellschaft. Wenn eine Person nicht ausdrücklich in der Öffentlichkeit stehen möchte, sollten nur in Notfällen der jeweiligen Person Daten – und sei es nur ein Name – veröffentlicht werden (also etwa bei Vermisstenanzeigen OK, aber sonst No-Go!). Die Person wird im Internet sonst immer mit dieser Sache aufzufinden sein, und das ist nicht fair.
Wenn ganze Gruppen negativ dargestellt werden (Religionen, Ethnien, Staatsangehörige, etc.)
Der Artikel von Webmasterfriday bezieht sich in dem Fall auf die Terroranschläge auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo in Paris. Trotzdem und wie ich auf Facebook geschrieben habe, möchte ich folgendes dazu sagen:
Arschlöcher sind Arschlöcher – egal mit welchem Hintergrund. Auch wenn die zwei „Terroristen“ lautstark gerufen haben, dass sie den Propheten nun gerächt haben… sie haben Menschen umgebracht aus ihren überzeugten Gedanken. Lasst es uns darauf auch reduzieren. […] Die Mehrheit der islamischen Welt lehnt Gewalt als Mittel ab. Der Koran ist aus neutraler Perspektive – und ohne beide tiefgehender gelesen zu haben – kein Deut besser als die Bibel, aber auch kein Deut schlechter. Es ist das Buch einer anderen Religion – und beide Bücher können für’s Radikale ausgelegt werden (nur zur Erinnerung, altes Testament, „Auge um Auge, Zahn für Zahn“).
Es wäre unfair und falsch, den Islam als so große und großartige Religion jetzt – erneut – nur mit Terror zu verbinden.
Ich lehne es ab, Menschen in Kategorien wie Religion, Herkunft oder politischer Einstellung einzuordnen. Darum bin ich überzeugter Pazifist, denn ich bin ein Mensch und ich möchte keinen Menschen erschießen oder erniedrigen, denn an seiner Stelle wäre auch ich ein Mensch.
Schnittpunkte zwischen angebracht und unangebrachter Meinungsäußerungen
Nur wie es halt so ist, greifen häufig mehrere Dinge ineinander. Mal ist Meinungsäußerung angebracht, obwohl das einen Menschen negativ treffen kann. Und mal ist es unangebracht, obwohl es niemanden schadet.
Was sollte zuerst greifen? Freie Meinungsäußerung oder Zurückhaltung?
Meine Meinung: Wenn einzelne Menschen oder Ethnien oder kleinere Gruppierungen angesprochen werden, sollte man sich eher zurückhalten. Bei Gruppierungen und Ethnien zumindest solange, bis man sie „weitgehend und wissenschaftlich beobachtet hat“. Ebenso bei Religionen. Wir kennen die Leute gar nicht und wir wissen nicht, wie sie ticken. Sie in eine Schublade einfach wegzustecken wäre falsch. Stattdessen muss dann ganz besonders der Dialog her.
Anders ist es, wenn es um knallharte Unterdrückung oder sogar um Tote geht. Deswegen werde ich vermutlich nie ein Freund Israels werden, da ich 2014 gesehen habe, wie sie ein paar tausend Palästinenser ermordet haben. Das ist meine Meinung, aber so sehe ich das. Es war blanke Lust an der Rache. Und selbst der Grund dazu… Die drei ermordeten jüdischen Kinder sind sehr zweifelhaft ums Leben gekommen. In dem Fall greift bei mir der Protest. Ein getöteter Israeli ist schon zuviel, natürlich. Aber ein getöteter Palästinenser eben auch.
Pauschalisierung vs. Einzelfall
Aber auch hier: Protest und harte Kritik am Staate Israel, nicht an denn Menschen mit jüdischem Glauben oder den Einwohnern dort oder hierzulande.
Eine einzelne Person – einen Menschen wie du und ich – einfach grundlos etwas zu unterstellen, nur weil er etwas angehört oder aus einer Region kommt… Wenn wir das alle machen, dann hätten wir morgen früh wieder die Hakenkreuze auf der Straße. Das kann es nicht sein.
Deswegen tendiere ich in solchen Fällen – wie bei den Anschlägen in Paris – zum Einzelfall. Der muss dann näher beleuchtet werden. Im Privaten auch nicht öffentlich, sondern gerichtlich. Staatlich darf und sollte es aber öffentlich sein. Nur leider passiert häufig das Gegenteil…
Was ist mit „Schimpfwörtern“?
Schimpfwörter wie „Scheiße“, „Fuck“, „Dreckszeug“ etc. sind für mich eher schriftliche Stilmittel. Im Businessbereich sind diese sehr wahrscheinlich unangebracht, wenn man nicht Comedy oder Kabarett oder ähnliches macht. In anderen Bereichen kann man das aber schon so sagen. Ich persönlich habe nichts dagegen, wenn jemand diesen Stil verwendet. Und ganz ehrlich, bei manchen Themen verwende ich sie auch. Wenn mir das „kotzen“ kommt.
Solange niemand aktiv zu Schaden kommt bzw. sich das Ganze mit Protest verbindet, kann von mir aus gerne geflucht werden. Man muss halt wissen, wo die Grenze ist. (Und die Grenze ist da, wo die Rechte anderer anfangen.)
Allerdings sollte man sich seinen Schriftstil immer überlegen, anhand dessen, wen man als Zielgruppe ansprechen möchte… 😉
Fazit: Kein so leichtes Thema, das mit der freien Meinungsäußerung…
Manchmal möchte auch ich einige Dinge laut ausschreien oder veröffentlichen, die mir nicht passen. Vor allem im Bereich der Politik. Das geht dann aber ab und zu über Protest und konstruktive Kritik zu weit hinaus. Und dann sollte ich mir gut überlegen, ob es tatsächlich angebracht ist, den Post zu veröffentlichen.
Und an anderer Stelle halte ich mich zu stark zurück. An Stellen, wo es eigentlich angebracht wäre, Stellung zu nehmen.
Es ist halt eine schwierige Gratwanderung zwischen freier Meinungsäußerung und Diffamierung. Und für den Einzelnen ist es nicht leicht, in dem System klare Meinung zu beziehen.
Dennoch: Den Mund verbieten sollte sich niemand lassen. Durch niemanden und nichts. Nur sollte es immer in einem geordneten Rahmen stattfinden. Und dieser ist – je nach Sichtweise – teilweise schwer auszulegen.
Finde dich mal gar nicht „faul“, danke für den Beitrag.
Kann dir mal wieder nur zustimmen, Pascal.
Bezüglich der Schimpfwörter: Ich finde, dass diese weder im privaten, noch im geschäftlichen Bereich vorkommen sollten, das zerstört einfach jeden kleinsten Anflug von Seriosität 😀
LG